Leningrader Blockade 1942

St. Petersburg  (Leningrad) Winterpalast, Fassade zum Palastufer, 2013

Während der Newsletter vorbereitet wurde, erfahren wir am Donnerstag 24. Februar 2022 aus den Medien, dass Russland die Ukraine angreift. Die Invasion begann am frühen Donnerstagmorgen mit Bomben- und Raketenangriffen im ganzen Land, gefolgt von Bodentruppen von allen Seiten.
St. Petersburg ist seit 1957 Partnerstadt von Hamburg und dieses Jahr ist das 65. Jubiläum. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffs auf die Ukraine stellt Hamburg die Vorbereitungen der für April in St. Petersburg geplanten Deutschen Woche ein.

Vor fast 10 Jahren in 2013 begegneten wir in St. Petersburg »the friendly Russians« während der Übung zum Tag des Sieges  am des 9. Mai 1945, Ende des »Großen Vaterländischen Kriegs«.

Fortsetzung Leningrader Blockade 1942:

Am 2. Weihnachtstag 1941 schickt Gefreiter Werner von unterwegs während des Russlandfeldzugs eine Postkarte an die Familie Benkowitz nach Frankfurt in die Schwarzwaldstraße 112. Die Blockade vor Leningrad hatte am 1. September 1941 begonnen.

»Im Osten dem 26.12.1941
Liebe Frankfurter,
Euer Päckchen am heiligen Abend erhalten, habe mich gefreut. Besten Dank, es schmeckt sehr gut. Der Pfefferkuchen von Euch Liebsten und Emmi ist immer derselbe. Ihr könnt also alle einen  guten Kuchen backen. … Über Fest ist es hier ruhig geworden. Haben nochmal so richtig Kriegsweihnacht gefeiert. Im engen Bunker ist ja nicht viel zu machen, aber wir haben doch einen netten Baum mit Lichter und Lametta. Alles selbst gebastelt. Etwas Sekt und Wein haben wir bekommen. Ich habe noch Ziehharmonika gespielt, es wurden ein paar Lieder dazu gesungen. Das beste ist, daß man noch immer gesund ist. …«

Gefr. W. Gumz Feldpostnummer 18351 im Osten 26.12.1941

Auf der Postkarte ist aufgedruckt:
»Was die Front opfert, das kann überhaupt durch nichts vergolten werden. Aber auch das, was die Heimat opfert, muss vor der Geschichte dereinst bestehen können. (Der Führer am 3.10.1941)«

Die Wochen danach rückt Werners Sicherungsregiment weiter und Werner scheint die Umgebung und das Meer zu genießen. Zumindest versucht er, dies der Benkowitz-Familie zu vermitteln.

Gefreiter Werner Gumz, sein Weg nach Leningrad…

»Hier ist viel Meer. Es ist hier schön ruhig, der Russe unternimmt nicht viel, kann wohl nicht. Dem liegt die Kälte mehr in den Knochen als uns.«

 Im Osten, den 15.02.1942
»… Ich bin noch immer gesund, was das beste ist, die Kälte hat nun nachgelassen, das schlimmste im Winter haben wir wohl hinter uns. Es liegt aber noch genug Schnee, daß die Autos kaum durchkommen. Auch der Schnee wird mal weg gehen, dann gibt es hier aber Wasser. Hier ist viel Meer. Es ist hier schön ruhig, der Russe unternimmt nicht viel, kann wohl nicht. Dem liegt die Kälte mehr in den Knochen als uns. … Wir haben so gut es ging im engen Bunker gefeiert und waren zufrieden. Ein Baum hatten wir aber doch. Ich glaube, daß du es gern gesehen hättest. Ich habe es auch das erste Mal durchgemacht. Ich wünsche aber, daß ich in Zukunft das Fest immer bei meinen Kindern feiern kann. Nun will ich schließen, es gibt ja nichts Neues hier, ein Tag ist wie der andere….
Es grüßt Euch alle aus dem fernen Osten
Werner«

Als Soldat des Sicherungsregiment 374  war Werner u. a. auch beschäftigt, Verkehrswege, Unterkünfte, Munitions- und Verpflegungslager zu bewachen, Straßen von Trümmern zu beseitigen. Die Aufgabe und die »Untätigkeit« des Russen erlaubt Werner wieder an die Frankfurter zu schreiben und sich mit Ihnen über die Kriegssituationen auszutauschen. Auch über Berlin scheint er Bescheid zu wissen, dort lebt Ida die Frau seines im 1. Weltkrieg Gefallenen Schwagers, meine Großvater Ernst Nass.

Im Osten, den 20.3.1942
»Liebe Frankfurter! Habe heute Zeit und will Euch schnell eine Karte schreiben. Viel weiß man nun ja nicht, es ist ja immer dasselbe bei uns, ein Tag wie der andere. Wir haben unseren Bunker etwas größer und wohnlicher gebaut. Man fühlt sich doch wohler drin. Es ist hier noch immer kalt genug, aber ich habe es bis jetzt alles gut überstanden und mal muß es doch Sommer werden. An Urlaub ist noch nicht zu denken. Habt Ihr noch viel Fliegeralarm oder lassen die Euch nun ruhiger schlafen? In Berlin ist den ganzen Winter kein Alarm gewesen. Ein frohes und gesundes Osterfest wünscht euch nun allen Werner«

Dagmar Stange
Februar 2022

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